Wie kann die Qualitätssicherung im Schlachthof durch Automatisierung optimiert werden?
„Nach Schlachthof-Tierquälerei: Tierärzte freigesprochen“, „Mängel seit Monaten bekannt“, „Prozess in Stade: Schlachthof-Betreiber bekommen Bewährung“ – diese Schlagzeilen sind nur wenige Beispiele für die alarmierenden Vorfälle, die in den letzten Monaten öffentlich wurden. Der Druck auf die Fleischindustrie wächst – und verdeutlicht, dass Tierschutz und die Sicherstellung von qualitativ hochwertigen Lebensmitteln gesellschaftliche Aufgaben sind, die uns alle betreffen.
In der Industrie werden schon in vielen Bereichen Automatisierungstechniken eingesetzt, um die Qualitätssicherung zu unterstützen. Eine Gruppe Studierender der Hochschule Kempten hat das Projekt PigVisio initiiert, das nun auch die Anwendung dieser Technologien in Schlachthöfen vorantreiben kann.
Zusammenhang zwischen Organbefundung und Qualitätssicherung sowie Tierwohl
PigVisio konzentriert sich auf die Organbegutachtung von Schlachtschweinen. Dabei werden die Organe auf potentielle Krankheiten untersucht. Gibt es Auffälligkeiten, dürfen die Organe nicht in den Lebensmittelkreislauf eingeführt werden. Dieser Prozess ist nicht nur für die Lebensmittelsicherheit entscheidend, sondern liefert auch wichtige Erkenntnisse zum Tierwohl. Laut Angaben des deutschen statistischen Bundesamts werden von jährlich ca. 52 Millionen Schlachtschweinen rund 10 Millionen mit Organbefunden identifiziert. Die erkannten Befunde werden an die Landwirtin oder den Landwirt weitergegeben und dienen als wichtiges Werkzeug für die weitere Verbesserung des Tierwohls in den Betrieben.
Wie läuft die Organbegutachtung ab und welche Herausforderungen gibt es?
Die Organbegutachtung wird von Fachpersonal wie amtlichen Tierärztinnen und Tierärzte durchgeführt und beinhaltet eine sorgfältige visuelle Inspektion der entnommenen Organe. Die Organe werden zumeist als Geschlinge per Förderband transportiert, um eine effiziente Begutachtung einer großen Anzahl von Tieren zu ermöglichen.
Jedoch sind bei dieser Methode einige Herausforderungen zu beachten. Eine zunehmende Schwierigkeit besteht darin, qualifiziertes Fachpersonal zu finden. Der Zeitdruck im Prozess kann dazu führen, dass potenzielle Abweichungen übersehen werden. Zudem kann die subjektive Wahrnehmung des Fachpersonals zur Inkonsistenz in der Befundung führen, da verschiedene Personen unterschiedliche Beurteilungen vornehmen könnten. Dies führt dazu, dass die Transparenz gegenüber den Landwirtschaftsbetrieben und Großkunden beeinträchtigt wird.
Automatisierung als Schlüssel für neue Qualitätsstandards
Genau an diesen Herausforderungen setzt die Lösung PigVisio an. Das intelligente Kamerasystem wurde darauf trainiert, Organe und die dazugehörigen Krankheiten zu identifizieren. Direkt im Förderband integriert kann es die Organe nacheinander und sekundenschnell analysieren.
Die von der künstlichen Intelligenz erkannten Befunde werden mittels eines Ampelsystems dem Fachpersonal leicht verständlich visuell angezeigt. Werden keine Befunde gefunden, leuchtet die Ampel grün, während bei Auffälligkeiten eine gelbe oder rote Beleuchtung aktiviert wird. In diesen Fällen greift das Fachpersonal ein und leitet entsprechende Maßnahmen ein. Zusätzlich steht ein Bildschirm zur Verfügung, der den automatisch erfassten Befund anzeigt und weitere Bearbeitungsmöglichkeiten bietet.
Die Lösung PigVisio ermöglicht somit eine zuverlässige und objektive Organbefundung. Der Qualitätssicherungsprozess wird standardisiert und beschleunigt, während das Fachpersonal entlastet wird. Die automatische Dokumentation sorgt zudem für Transparenz im Ablauf und stärkt das Vertrauen über die gesamte Wertschöpfungskette – von der Landwirtschaft über den Handel bis in die privaten Haushalte.
Breites Potential für die Zukunft
Die Einführung von PigVisio markiert einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung. Die Lösung zeigt das breite Potential auf, mithilfe von Automatisierungstechnologien die Qualitätssicherung in der Landwirtschaft zu stärken sowie Abläufe mit mehr Ethik und Effizienz zu unterstützen.